Unterschriften sammeln für Berlin Werbefrei – am 16. Januar geht es los!

Volksentscheid Berlin Werbefrei

Die Initiative Volksentscheid Berlin Werbefrei startet am 16. Januar 2018 die Unterschriftensammlung zum Volksbegehren.

Ziel der Initiative ist eine drastische Reduzierung der Werbung im öffentlichen Raum und ein Werbeverbot an Kitas und Schulen.

Die Unterschriftensammlung startet mit viermonatiger Verzögerung. Grund dafür waren Zuständigkeitsquerelen zwischen den Senatsverwaltungen und eine fehlerhafte Kostenschätzung. Die korrigierte Kostenschätzung weist nunmehr Mindereinnahmen für das Land Berlin in Höhe von 0,1 % des Haushaltes aus.

Die aktuell bekannt gewordene Vergabe von 8.100 Werbeflächen auf öffentlichem Grund ist aus Sicht von Berlin Werbefrei ein Schritt in die falsche Richtung und leistet dem Ausverkauf der Stadt weiter Vorschub.

Berlin wird zur ersten europäischen Hauptstadt, in der sich eine Bewegung mittels eines Gesetztes gegen die zunehmende Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes wendet.


„Ich freu mich schon auf eine Stadt ohne Werbung. Ohne die nervigen, sich ständig und überall aufdrängenden Kaufaufforderungen, die häufig geschmacklosen oder herabwürdigenden Werbebotschaften… Stattdessen wäre der Blick wieder frei auf Architektur, Grünflächen oder einfach den Himmel. Und die ein oder andere triste Mauer wäre ohne Werbung eine wunderbare Fläche für Kunst.“

Sarah Mohs, Mitinitiatorin


Zunächst benötigt die Initiative in der ersten Etappe 20.000 Unterschriften, um das Verfahren zum Volksentscheid einzuleiten. Das von der Initiative ausgearbeitete Antikommodifizierungsgesetz (AntiKommG) könnte den Berlinerinnen und Berlinern demnach im nächsten Jahr zur Abstimmung vorgelegt werden. Schon Anfang nächsten Jahres könnte ein weitgehend werbebefreites Berlin Realität werden, sollte sich das Abgeordnetenhaus entscheiden das Gesetz nach Vorlage der gesammelten Unterschriften anzunehmen.


„Warum müssen wir uns die ganze Zeit sagen lassen, wer wir sein, wie wir aussehen und was wir tun sollen? Der Werbeflut, die in Wahrheit nicht informiert, sondern illusioniert, sind wir jeden Tag ungefragt ausgesetzt. Mit dem Antikommodifizierungsgesetz schaffen wir einen AdBlocker für den öffentlichen Raum.“

Joschka von Unruh, Co-Sprecher


Das Gesetz sieht ein Verbot digitaler Werbeanlagen sowie eine Einschränkung von Produkt-und Dienstleistungswerbung im öffentlichen Raum vor. Veranstaltungswerbung und gemeinnützige Aushänge sollen weiterhin zulässig sein. Außerdem wird es dem Land Berlin gestattet sein, Sanitäranlagen und Haltestellen zeitlich begrenzt durch Werbung zu finanzieren. Schließlich dürfen Werbeanlagen nicht mehr für herabwürdigende oder diskriminierende Werbung genutzt werden.


„Damit wird erstmals in Deutschland die Problematik der sexistischen Werbung auf gesetzlicher Ebene geregelt und ein Schritt weg von der freiwilligen Selbstkontrolle durch die Werbewirtschaft getan.“

Fadi El-Ghazi, Mitinitiator


In öffentlichen Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Hochschulen ist in dem AntiKommG ein generelles Werbeverbot vorgesehen. Sponsoring an Schulen und Hochschulen soll auch in Zukunft zulässig sein, sofern der Grundsatz der Transparenz gewahrt wird. „Die Unterfinanzierung öffentlicher Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder Hochschulen zwingt die Beteiligten zur Erschließung privater Mittel. Sponsoren verfolgen aber in der Regel rein wirtschaftliche Ziele. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen staatlichem Bildungsauftrag und kommerziellen Interessen.“ so Fadi El-Ghazi. Die Initiative Berlin Werbefrei sieht mit dem Gesetzesentwurf auch die Schaffung einer zentralen Beschwerdestelle vor. Diese soll bei Verstößen gegen das Werbeverbot für eine schnelle Klärung sorgen.

Die Unterschriftensammlung sollte bereits im September 2017 beginnen. Zwei Monate andauernde Uneinigkeiten zwischen den Senatsverwaltungen brachten den Regierenden Bürgermeister schließlich dazu ein Machtwort über die Frage der Zuständigkeit zu sprechen. Nachdem die amtliche Kostenschätzung im November 2017 vorlag, musste diese nach Beanstandung durch Berlin Werbefrei korrigiert werden. Das Ergebnis der korrigierten Kostenschätzung ließ bis Anfang Januar 2018 auf sich warten. Die ursprünglich angesetzten Mindereinnahmen in Höhe von 81 Mio. Euro für das Land Berlin werden nunmehr auf 31 Mio. Euro geschätzt. Dieser Betrag macht in etwa 0,1 % des Berliner Landeshaushaltes aus. Die Werbewirtschaft geht von jährlichen Erlöseinbußen in Höhe von 177 Mio. Euro aus.

„Das sollte es uns wert sein”, kommentiert Steffen Boddin, Co-Sprecher der Initiative. „Dem Verzicht auf die erhofften Werbeeinnahmen steht eine sichtbare Aufwertung des öffentlichen Raums und eine Steigerung der Lebensqualität für alle Berlinerinnen und Berlinern gegenüber. Zu erwarten ist weiterhin eine Stärkung der lokalen Geschäfte, da diese durch den Wegfall der Werbeanlagen sichtbarer werden.“

Berlin Werbefrei kritisiert die aktuell bekanntgegebene Neuvergabe der Werberechte auf öffentlichem Grund durch den Senat:

„Der Senat leistet mit seiner ohne öffentlichen Debatte getroffenen Entscheidung dem Ausverkauf der Stadt weiter Vorschub. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz betreibt Augenwischerei, wenn sie von einer deutlichen Reduzierung der Außenwerbung im spricht. Tatsache ist, dass durch die geplante Digitalisierung von 1.140 Werbeanlagen die Vereinnahmung des öffentlichen Raums durch kommerzielle Interessen massiv vorangetrieben wird.“

Die Sammlung der Unterschriften wird durch viele Cafés und Geschäfte unterstützt. Listen können unter berlin-werbefrei.de heruntergeladen und postalisch oder an einer der Sammelstellen abgegeben werden. Unterschriftsberechtigt sind alle volljährigen BerlinerInnen mit deutscher Staatsbürgerschaft.

 

Amtliche Kostenschätzung vom 10. Januar 2018:

 „Das Volksbegehren führt zu geschätzten Mindereinnahmen in Höhe von etwa 208 Mio. Euro jährlich, die sich wie folgt zusammensetzen: 31 Mio. Euro bei Senatsverwaltungen und Bezirken und 177 Mio. Euro in der Werbewirtschaft. Nicht zu beziffern sind entgangene Umsatzsteuerbeträge, finanzielle Auswirkungen des Wegfalls von Arbeitsplätzen (z.B. Steuern, Sozialaus- und abgaben) und eventuelle Schadensersatzansprüche.“

Amtliche Kostenschätzung vom 10. November 2017:

„Das Volksbegehren führt zu geschätzten Mindereinnahmen in Höhe von etwa 260 Mio. Euro jährlich, die sich wie folgt zusammensetzen: 81 Mio. Euro bei Senatsverwaltungen und Bezirken, 177 Mio. Euro in der Berliner Werbewirtschaft und 140.000 Euro bei der Berliner Immobilienmanagment GmbH (BIM). Nicht zu beziffern sind entgangene Umsatzsteuerbeträge, finanzielle Auswirkungen des Wegfalls von Arbeitsplätzen (z.B. Steuern, Sozialaus- und abgaben) und etwaige Schadensersatzansprüche, soweit der Gesetzentwurf den Bestandsschutz aufhebt.“