Volksbegehren „Berlin Werbefrei“ landet vor dem Verfassungsgericht

In seiner Sitzung vom 03. Dezember 2019 hat der Berliner Senat beschlossen, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens „Berlin Werbefrei“ dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin vorzulegen. Der Senat ist nach nun 16-monatiger Rechtsprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass das „Gesetz zur Regulierung von Werbung in öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Raum“ materiell-rechtlich unzulässig sei.

Der Gesetzentwurf der Initiative „Berlin Werbefrei“ sieht strenge Regeln für Werbung und Sponsoring in öffentlichen Einrichtungen, etwa Kitas und Schulen vor. Hauptkern sind jedoch die Regelungen zur Außenwerbung. Neben der Werbung an der Stätte der Leistung, soll Außenwerbung nur noch an Litfaßsäulen und Haltestellen des ÖPNV möglich sein. Diese Flächen sollen nach der Vorlage für Veranstaltungswerbung und Gemeinnütziges genutzt werden. Digitale Werbeanlagen im öffentlichen Raum wären nach dem Gesetzentwurf nicht mehr zulässig.

Der Verfassungsgerichtshof wird nun grundlegende Fragen der direkten Demokratie und der Grenzen der Eigentumsgarantie zu klären haben. Der grundrechtliche Schutz des Eigentums beinhaltet kein Recht, den öffentlichen Raum zur Dauerwerbesendung zu machen.“

Fadi El-Ghazi (Rechtsanwalt und Mitinitiator)

Inzwischen geht der Aufbau der digitalen Werbeinfrastruktur mit Unterstützung des Senats voran. Neben 1.000 digitalen Werbedisplays der Firma Wall auf öffentlichem Grund, werden derzeit Tram- und Bushaltestellen digital umgerüstet.

„Der Senat scheint kein Interesse an einer lebenswerten Stadt für die Einwohner zu haben, sondern ist zum Lobbyisten der Werbewirtschaft geworden. Zwar begrüße der Senat eine kritische Diskussion über zunehmende Werbung im öffentlichen Raum, richte seine Politik aber konsequent auf eine Vermarktung des Stadtraumes aus.“

Fadi El-Ghazi

„Ungeachtet der rechtlichen Fragestellungen sollte der Senat die Chancen einer grundlegenden Neuordnung der Außenwerbung sehen. Wir könnten enorme Ressourcen einsparen und dem Problem der Lichtverschmutzung effizient entgegenwirken. Allein die 1.000 digitalen Werbeanlagen der Firma Wall im öffentlichen Raum verbrauchen jährlich etwa so viel Energie wie 13.000 Durchschnittshaushalte. Dass der Senat trotz Klimanotlage keinen Handlungsbedarf sieht, ist verwunderlich.“

Sarah Mohs (Designerin und Mitinitiatorin)


Es zeigt sich, das Kapitel „Berlin Werbefrei“ ist vorerst nicht abgeschlossen. Die Initiative hat bereits angekündigt, dass sie im Falle eines Scheiterns vor dem Verfassungsgericht einen nachgebesserten Gesetzentwurf auf den Weg bringen will.

Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung Senat
https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.871579.php

Werbevertrag Wall (digitale Werbeanlagen im öffentlichen Raum)
https://berlin-werbefrei.de/neue-werbevertraege/